Die ersten Ganzsachen der Schweiz (II)

(Briefumschläge der Genfer Kantonal-Post 1846/48, ZU-Nr. 07)

Im Jahre 1908 wurden aus der Sammlung Mirabaud Ganzsachen offeriert. Die folgenden Preise weisen gegenüber heute - entsprechend dem vorherrschenden Sammeltrend erstaunliche Unterschiede auf:

FormatGansachen neuGanzsachen gestempelt
KleinFr. 200.-Fr. 250.-!!
MittelFr. 100.-Fr. 200.- !
GrossFr. 12.-Fr. 150.- !

Alle Stempel mit Ausnahme der Rosette sind ausgesprochen selten.

 


Abb. 4: Genfer Raute (7(2). 2.51)

GESTEMPELTE BELEGE

Kleines Format

  • Ganzsache Mme Lambert Odier, Onex, mit zweimal aufgedrucktem rautenförmigem schwarzem Genfer Gitter, mit schwarzem Einkreisstempel 26.6. 1851, 10 1/2 M (Lemanex, Obj. 1). 
  • Wahrscheinlich aus derselben Korrespondenz datiert vom 10.7.51 (also 15 Tage später) finden wir dasselbe Genfer Gitter auf einem Ausschnitt! 
  • Ganzsache Baron Bilte-Brach, Rosette Nr. 2 in rot vom 20.3.1846 (sehr frühes Datum), (Obj. 11 Lemanex). 
  • Ganzsache X nach Avully, mit blauem Einkreisstempel, zweimal geschlagen, und zwar einmal auf der Marke und einmal neben dem Wertstempel 2.7. 1853, 10 1/2 M (Lemanex, Obj. 23). 
  • Ganzsache Lefort, mit Rosette Nr. 3, Einkreisstempel vom 17.12.50 (Postmuseum). 
  • Ganzsache Granier vom 22.6.4 (?), mit roter Rosette Nr. 2 (Postmuseum), 
  • Ganzsache Choffat (?), vom 26.4.50, mit Rosette Nr. 3.


Abb. 5: Brief an Madame Henri X, Carouge, vom 29. Oktober 1847 mit rotem Datumstempel Gr. 131/6053.

Mittleres Format

  • Brief Madame de la Rive, mit Rosette Nr. 2 in rot vom 2.3.1847 (Lemanex, Obj. 11)

Grosses Format

  • Brief Gaston X, mit Rosette Nr. 4, etwas verschmiert, roter Einkreisstempel Geneve? JUIL. 49, 10 1/2 M. 
  • Brief Decombes-Sautter, Bourdigny, Rosette Nr. 2, roter Zweikreisstempel Geneve 3 SEPT. 47, 11 1/2 M (Corinphila 1980 Los 5907).

Die Frankierung der Ausschnitte

Ausschnitte sind vor allem im Jahre 1850, weniger im Jahre 1851, auf den Umschlägen verwendet worden. Ein Ausschnitt (Fragment) vom 14 MARS 1848 (Verkauf Borek vom 5.5.1937) ist verdächtig: die ausgeschnittene Briefmarke ist später aufgeklebt worden.

ABSTEMPELUNGEN

AW Gr l/A: Die Rosetten von Genf

(Alte) Nr. 2 (Neue Nr. 1) rot, nach dem Handbuch der Abstempelungen mit 100 Punkten kotiert. Diese Rosette kennen wir auf Ganzsachen; sie ist noch nie auf Ausschnitten gefunden worden! Die tiefere Bewertung im Handbuch als für diejenige des rautenförmigen Genfer Gitters ist unverständlich. Da die Rosette Nr. 2 nur ausnahmsweise bis 1848 Verwendung fand, ist es klar, dass sie auf einem Ausschnitt gar nicht zu finden ist.

Nr. 3 (3) rot: Es handelt sich um die gewöhnliche Abstempelung.


Abb. 6

Nr. 3 (2) schwarz

Dieses Fragment trägt den Einkreisstempel vom 16. Januar 1851, 10 1/2 M. letzter Tag für die Benützung der schwarzen Rosette Nr. 3! Das Stück stammt wahrscheinlich von dem Brief Ressegueure (?) (Lemanex, Obj. 23).

Nr. 4 (4) rot

hat einen Wert von 200 Punkten.

Nr. 5 (5) rot

t ist im Handbuch nicht unter Stadt Genf, sondern unter Carouge (5-11) mit einem Wert von 500 Punkten kotiert. Nr. 6 (6) schwarz, 250 Punkte. Weder an der Lemanex noch im Postmuseum findet sich diese Rosette.

AW Gr. 3: Eidgenössische Raute

67 (54) schwarz, 1500 Punkte (13 Linien) 76-77 (67) schwarz, 500 Punkte, in blau 1250 Punkte. (Abb. 9)

Im Zusammenhang mit diesem Brief möchte ich ein Schreiben vom 19. Mai 1853 und den Brief Mottier in Gy vom 5.12.5(7) im Postmuseum erwähnen.

AWGr. 5: Genfer Gitter

101 (2) schwarz, kotiert 220 Punkte. Das Datum der erstmaligen Benützung dieses Genfer Gitters ist umstritten. Durch die Annullierung eines Ausschnitts vom 17. Januar 51 (Brief Gramer) sind gewisse Autoren geneigt, dieses Datum als das Ersttagsdatum anzusehen (SBZ 1976, S. 135). Andere ziehen den 9. März 1850 (Grosser Adler) oder den 6. April 1850 (Waadt 4) vor. Allerdings finden wir einen Ausschnitt auf dem Brief Grand-Rosslet mit dem Datumstempel vom 2. Januar 1851 (Posten 3147AuktionRapp 1974)!

Der an Herrn Burgy, Kommandant des Reservebataillons Nr. l, Lancy, adressierte Brief vom 15. August 1851 ist eine ausgesprochene Rarität (Abb. 10). Das Schreiben ist mit 10 Genfer Centimes versehen (dies entspricht nach dem damals gültigen eidgenössischen Tarif der zweiten Gewichtsstufe für den ersten Rayon 71/2 Rappen). Diese Frankatur setzt sich aus zwei durch Genfer Gitter entwerteten Ausschnitten zusammen! Obschon zwischen der ersten und der zweiten Ausgabe des Handbuchs der Abstempelungen Verbesserungen vorgenommen worden sind, ist das Verhältnis zwischen diesem Genfer Gitter und der schwarzen eidgenössischen Raute nicht richtig erfasst. Tatsächlich findet man 8 eidgenössische Rauten auf 10 Genfer Gitter.


Abb. 9: blaue Raute mit blauem Einkreisstempel 22.7.52


Abb. 10

AW Gr. 12 B: PP mit Einfassun

262 (9) rot 1000 Punkte 277 (24) rot 1250 Punkte Kein Exemplar im Postmuseum oder an der Lemanex.

AW Gr. 13 B: PD mit Einfassung

400 - 402 (50-52) blau 900 Punkte, rot 1000 Punkte


Abb. 11: Brief d'Anguille vom 21. Juni 1850 (Postmuseum).

Der Stempel PD ist blau, desgleichen der Datumstempel von CHENE 21 JUIN 1850, MATIN (6037). Die Echtheit dieses Briefes wurde angezweifelt. Tatsächlich existiert ein Brief JAQUET mit dem gleichen Datumstempel vom 21 JUIN 1850, MATIN, CHENE, die Waadt 5 entwertend. Man stellte sich die Frage, wie es kam, dass der Postbeamte im Laufe des gleichen Morgens einmal den Datumstempel und ein anderes mal den PD-Stempel zur Entwertung benützte!

Es gibt noch einen Brief mit derselben Handschrift für dieselbe Adressatin bestimmt, und zwar mit einem schönen Ausschnitt und übergehender roter Rosette Nr. 3.

Im Postmuseum befindet sich der Brief Pauline Messler, Lancy, vom 20.6.1851 mit denselben blauen Entwertungen.

AW Gr. 116: Einkreisstempel, Ortsname in Blockschrift

5067 (G22) 1000 Punkte rot 5069 (G 24) 900 Punkte blau oder rot. Der Brief Claparede-Perdrian, GENEVE 16 AOUT 1850, 8 1/2 S mit rotem Einkreisstempel (5069) sei noch erwähnt, sowie der Brief X "aux Eaux-Vives" vom 19. Dezember 1850 (Annonce Gotsmann inderSBZ 10/1978).

AW Gr. 122: Zweikreisstempel, kleine Form, in Elzevir

2475 (G5) rot, 600 Punkte. Als einzelner Ausschnitt bekannt (Los 4107,Corinphila 1978).

AW Gr. 129: Zweikreisstempel, Elzevir

6037 (5) CHENE, schwarz, 1250 Punkte. Erwähnt sei der Brief Colliard, CheneThönex, vom 20. Februar 1850.

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es einige Exemplare gibt mit dem Stempel des eidgenössischen Staates (Schweizerische Eidgenossenschaft "GENEVE", Kreispostdirektion l, Gr. 73 E/3742 (l5)

Dieser Stempel wurde anlässlich der Übernahme durch den Bund auf dem Restvorrat angebracht. Es existieren zwei Farbtöne: gelblichgrün und bläulichgrün.

Eine Frage bleibt allerdings offen, welche bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet worden ist: Wann und warum sind 40.000 Umschläge in 3 (oder sogar 4) Formaten bestellt worden, wo doch der offizielle Entscheid vom 9. Dezember 1845 nur 10.000 Exemplare in zwei Grossen vorsieht?

Zum Schluss möchte ich noch einige gefährliche Fälschungen erwähnen:

  • Ganzsache grosses Format (sehr selten) Vacheron-Constantin, vom 23. August 1849. Die Rosette Nr. 4 und der Datumstempel sind falsch, reproduziert durch Photoheliogravur; die rote Farbe hat eine im Jahre 1849 unbekannte Zusammensetzung.
  • Ganzsache mittleres Format Langlois vom 11. November 1850. Dieselben Einwände wie oben sind hier gültig.
  • Ausschnitt auf dem Brief Dufresne vom 20. November 1850. Die Marke klebt fest, teils durch das Verwenden von fremdem Leim!

© Schweizerische Vereinigung für Postgeschichte / SVPg