Unfall- und Katastrophenpost zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft

Angeregt durch eine neue Bucherscheinung "Crash Covers" von J.L. Eisendrath/ USA sowie eine Neuauflage des 1967 erschienen Buches "A History of Wreck Covers" von A.E. Hopkins, publiziert durch Robson Löwe, London, beide leider nur in englischer Sprache erhältlich, möchte ich den Lesern der „Postgeschichte" dieses interessante Sammelgebiet mit einigen Belegstücken der verschiedensten Ereignisse etwas näher bringen. Gestatten Sie mir vorerst die Feststellung, dass, wie mir scheint, Unfall- und Katastrophenpost, im Gegensatz zu England oder den USA, in der Schweiz noch nicht sehr verbreitet ist oder nur sehr begrenzt, mit Belegstücken auf das eigene Land bezogen, gesammelt wird. Eigentlich nicht ganz marktkonform, zählt doch der Schweizer zu den fortschrittlicheren Sammlern, woraus sich gerne, verbunden mit einem gewissen Ehrgeiz für etwas Besonderes, eine Spezialisierung in die eine oder andere Richtung entwickelt. Warum also dieser „Rückstand"? Einer der Gründe ist sicherlich der Umstand, dass Belegstücke solchen Geschehens keine Konfektionsschönheiten sein können und darum viele Sammler, ich meine zu Unrecht, davon abgehalten werden, z.B. einen angebrannten oder beschädigten Brief in ihre Sammlung aufzunehmen. Ein anderer Grund liegt in der Natur der gegebenen Begleitumstände, dass eben meist ein Grossteil der mitgeführten Post vernichtet wurde, unauffindbar blieb oder einfach Anschrift wie Absender unleserlich wurden und dadurch an eine Zustellung nicht mehr zu denken war. Dadurch sind die pro Unfallereignis registrierte^! Briefe und Karten in sehr beschränkter Zahl anzutreffen und demzufolge auch nicht gerade billig.

Trotz dieser wenigen, sozusagen negativen Begleiterscheinungen bringt das Sammeln von Unfall- und Katastrophenpost dem sich engagierenden Sammler eine unerwartete Fülle an Dokumenten, besonderen Stempeln, amtlichen Verschlussetiketten oder einfachen handschriftlichen Vermerken. Zugegeben, darum spreche ich auch von engagierten Sammlern, mit Kaufen und Einordnen im Ganzsachenalbum ist es nicht getan. Eigentümer oder Beschauer möchten über die einzelnen Ereignisse etwas mehr wissen. Diese Belegstücke verlangen Text. Die beiden eingangs erwähnten Bücher sind eine Hilfe. Vieles ist aber noch nicht katalogisiert. Selbst das Schweizerische Luftposthandbuch ist in dieser Hinsicht keineswegs vollständig, was von den Herausgebern auch gar nicht beansprucht wird. Ich will und kann Ihnen die vielen Stunden nicht aufzählen, welche ich mit dem Einordnen, dem Übersetzen der verschiedensten Stempelvermerke aus den ebenso verschiedensten Sprachen, dem Suchen einer Unfallstelle in den Atlanten oder dem Korrespondieren mit bekannten und auch völlig unbekannten Briefmarkenfreunden aufgewendet habe. Etwas Ausserge wohnliches verlangt zwangsläufig auch einen ebensolchen Zeitaufwand. Es bietet umgekehrt. in gleichem Masse, viel Lehrreiches und grosse Genugtuung.

Betrachten wir nun dieses Spezialgebiet etwas genauer, so wird sofort die breite Palette der mannigfaltigsten Unfallereignisse offenbart. Am häufigsten, bedingt durch die rasante Entwicklung des Flugverkehrs in den 20er Jahren und besonders den beiden folgenden Jahrzehnten, dürften zwangsläufig Unfälle von Flugzeugen sein. Hier gleich zwei Belege die den Luftpostsammler erfreuen sollten (Abb. Nr. l und 2).


Abb. L:  „Durch Meerwasser beschädigt". Brief vom 30.9.1937 von Kairo nach Lausanne. Bisher nur ein Brief in die Schweiz adressiert bekannt.

Bei Abb. Nr. 1  handelt es sich um das Flugboot "Courtier" der Imperial Airways, welches am 1. Oktober 1937 auf dem Flug von Ägypten nach England bei der Zwischenlandung in Griechenland abstürzte und innert weniger Minuten im Meer versank. Bis anhin wird der gezeigte Stempel nur im Katalog von A.E. Hopkins erwähnt. In die Schweiz adressiert, ist bisher nur ein Brief bekannt. Ob es sich eventuell sogar um das hier gezeigte Dokument handelt, ist nicht geklärt. Andere Belege des gleichen Flugzeugunglücks erhielten einen zweisprachigen Stempel griechisch/französisch oder einen solchen in englischer Sprache. Bekannt ist auch ein weiterer deutscher Stempel „aus verunglücktem Flugzeug durchnässt geborgen


Abb. 2:  "Incendie en mer". Brief von Argentinien nach Genf. Ank.-Stempel Lausanne 2, 13.4.51

Über Abb. Nr. 2 fehlen bis heute nähere Angaben. Vielleicht hilft diese Publikation mit, fehlende Daten und Ursachen zu ergänzen.

Unfälle in der Luft beschränken sich aber nicht allein auf Flugzeuge, sondern kommen natürlich auch bei Zeppelinen, Bai- Ionen oder Raketen vor. Andere beziehen sich auf Schiffe, Unterseeboote oder Eisenbahnen, worüber in den nächsten Folgen berichtet werden soll.