Die Faszination der Frühdatensuche

(untertreibend) in einer kurzen Notiz in der Juni-Nummer 1985 seiner Zeitung. An einem kleinen praktischen Beispiel soll aufgezeigt werden, dass die Suche nach frühen Daten sich wirklich lohnt. Selbst einem (fortgeschrittenen Sammler) (wer möchte das nicht wenigstens auf einem kleinen Spezialgebiet in gewisser Weise sein?) bietet diese Suche gelegentlich völlig unerwartete, reizvolle Überraschungen. Das Durchstöbern von Doubletten schafft die Ordnung, die man schon lange geplant hatte. An Börsen sucht man nach neuen Kriterien. Bei portogerechten Belegen stellen sich neue Fragen. Kurzum: Man will mehr wissen. Und entdeckt, dass die gesuchte Antwort selten auf dem Präsentierteller serviert wird. Selbst bei zu überraschenden Erfolgserlebnissen führen. Das sei anhand des praktischen Beispiels gezeigt. Wer unter uns Sammlern hat nicht seine Lieblingsmarke (oder auch zwei)? Man will sie in den vielfältigsten Belegen besitzen. Dabei ist das Kriterium nur eines unter vielen, jedoch ein sehr amüsantes. Wir wollen es hier am Beispiel der ZU-Nr. 126 (präziser 1261) und der Suche nach Frühdaten beleuchten.
Es ist allgemein bekannt - und darüber wurde schon mehrfach geschrieben -, dass ZU 126 als Typ I und Typ II katalogisiert ist und dass der Typ II (mit einer Auflage von 300 Millionen) ab Juli 1914 erschien: erstaunlicherweise also vor dem Typ I, der (mit einer Auflage von nur 6 Millionen), erst im September 1914 zur Ausgabe kam. Für keine der beiden Typen ist ein bekannt. Deshalb war die Initiative des Herausgebers der , Frühdaten zu (erforschen) , für den 1261-Freund Grund, diesen Aspekt in seine postgeschichtliche Detektiv-Arbeit einzubauen. Bereits seit geraumer Zeit beschäftigte ihn die Frage, warum es ausgerechnet bei diesem ersten Wert des Teilbrustbildes (10 Rappen rot) zwei verschiedene Typen gibt. Dieselbe Frage hat schon früher die Gemüter (und die Federn) bewegt. Eine befriedigende Erklärung fand sich in keinem Artikel, jedenfalls kein überzeugender Beweis.
Über die Suche nach Frühdaten führte der Weg nach Bern, in die PTT-Bibliothek (genauer (Sektion Bibliothek und Dokumentation)). Auf telefonische Voranmeldung hatte der zuständige Fachreferent (ihm sei hier nochmals speziell gedankt) die Dokumentation zum Thema (Neuausgaben 1914> vorbereitet. Die Lektüre der Originalbriefe von 1913/14 zwischen der Generaldirektion der PTT, dem Entwerfer des Tellbrustbildes (dem Bildhauer Richard Kissling, auch Vater des Telldenkmals in Altdorf) und dem Stecher Jean Sprenger (er arbeitete mit dieser Marke erstmals für die PTT und wollte sich auch für die Zukunft als Stammgraveur etablieren) war zweifellos spannender als so manche heute durch die Medien produzierte Story. Jedenfalls erlaubt diese Lektüre den eindeutigen Schluss, dass bereits damals (zwischenmenschliche) Probleme (Fragen des persönlichen Geschmacks, der Qualität von Originalentwurf und dessen graphische Umsetzung) Grund dafür waren, dass es zu zwei verausgabten Typen kam (mehrere andere blieben reine Proben).

Fast beiläufig hatte der hilfsbereite Fachreferent im ohnehin schon beeindruckenden Stapel auch noch auf zwei dicke Bücher hingewiesen. Sie waren erst vor kurzem in seiner Abteilung gelandet, niemand wollte sie mehr. Es handelte sich um jene Dokumentation, die er dem (Recycling) entrissen hatte und die so erstmals seit fast genau 75 Jahren wieder einmal zur Notiz genommen wurde (siehe Leitartikel März 1988).
Diese führten zu einer wahrlich überraschenden Entdeckung: Es handelt sich um peinlich genaue (Fabrikationskontrollen) (Abb. 1). Sie werden zweifellos noch weitere wertvolle Hinweise über mögliche Frühdaten der Frankomarken von 1904 bis 1916 geben,denn alle ersten und folgenden Druckdaten (nach Drucktagen) sind für jede einzelne dieser Marken exakt aufgelistet.
Hier wollen wir uns ausschliesslich mit den Frühdaten des Tellbrustbildes befassen. Darum schlagen wir für Interessierte nur die Eintragungen ab Juli 1914 auf. Dort finden sich (urkundlich) festgehalten, dass der neue 10-Rappenwert rot erstmalig am 6. Juli 1914 gedruckt wurde: an diesem ersten Drucktag in einer Druckauflage von 1.993.600 Stück. Richtig aufregend (für den (126-Jäger> wurde die Angelegenheit aber erst, als beim Weiterblättern die Angaben für die Drucktage im August 1914 an die Reihe kamen (Abb. 2): Aus diesen geht ebenso eindeutig hervor, dass vom 6. Juli bis zum 11. August 1914 insgesamt 5.987.200 Stück des 10erWertes gedruckt worden waren - und alle nur vom Typ H! Diese kühne Behauptung ist durch Abb. 2 (roter Stern) belegt: ausschliesslich an zwei Tagen, am 11. und 15. August 1914 wurde der Typ 1261 gedruckt! In Abb. 3 findet sich die (vielsagende) Erklärung des *): In feiner roter Tintenschrift ist im Originaltext als Erklärung vermerkt: (Zitat) « *) Davon 6.000.000 Marken mit dem Galvano nach dem Iten lOer-Stempel Sprenger gedruckt. (Da dieser erste Stich zu wünschen übrig Hess, wurden nur 6.000.000 Marken mit diesem Gliche gedruckt. Die Marken kamen im Sept/ Okt. 1914 zum Verbrauch.)» (Ende Zitat)

Somit ist die Frage der Druckdaten von 126II und 1261 beantwortet - unbeantwortet bleibt allerdings weiterhin die Frage, warum überhaupt an den genannten zwei Tagen neben dem bisher verwendeten Gliche ein neues eingesetzt wurde, das dann doch noch .
Und die Schlussfolgerung für den Frühdatenjäger? Suchen Sie wirklich nicht mehr länger nach ZU 1261 mit Stempel vor September 1914 . . (für 126II wird das provisorische Frühdatum in der Postgeschichte mit 14.7.14 - siehe oben -auch nicht stark zu revidieren sein)
Umso interessanter wird so aber auch ein Beleg vom 9. September 1914 mit 4er-Block 1261, ein Bedarfsbrief aus Bern (Abb. 4, siehe Titelseite) mit dem provisorischen Frühdatum laut Postgeschichte Nr. 26 vom Juni 1986). Unabhängig davon hatte schon vor zwei Jahren der Stempelexperte W. Liniger bei der Prüfung einiger 1261-Ausschnitte mit Sept/Okt 1914-Daten die Notiz angebracht:Es fällt auf, dass alle diese Stempel aus der näheren Umgebung von Bern stammen).. Der Weg von der (Eidgenössischen Münzstätte) zur Oberpostdirektion in Bern und von dort in die Poststellen von Bern und Umgebung war halt einfach der kürzeste.
Nur nebenbei: sind auch alle ten. Am 11. und 15. August 1914 betrug der Gesamtausschuss bei der 10er Marke rot nur 33.175 Stück; insgesamt wurden 6.176.500 Marken gedruckt, davon 6 Millionen Typ I: Dass der Druck der 1261 aus technischen Gründen eingestellt worden sein soll, muss man nun wohl bezweifeln.
Herrn Schwarzenbach ist zu wünschen, dass seinem (Aufruf an alle Lesen in der März-Nummer Erfolg beschieden sein möge. Seine Idee war es, Frühdaten zu suchen - ohne seinen ersten Appell wäre dem Schreibenden ein unvergessliches Erlebnis entgangen. Und wer wüsste dann heute, dass die ZU 1261 tatsächlich ausschliesslich an zwei Tagen gedruckt und innert nur knapp zwei Monaten ausverkauft wurde? Kein Wunder also, dass wirklich schöne Belege dieser Marke aus der Frühzeit so schwer zu finden sind.

PS. Im Verlaufe unserer weiteren Untersuchungen stiessen wir auf einen kleinen Artikel ((Typenunterschiede der lORpAusgabe 1914» in der SBZ Ausgabe August/Oktober 1914 (Nr. 8-10), Seite 153. In diesem Artikel wird darauf hingewiesen, dass es für den lORp-Wert 2 verschiedene Typen A und B gibt. Weiter wird festgestellt (Zitat): «Die Unterschiede sind jedem einigermassen geübten Auge ersichtlich. ... Wie wir von kompetentester Stelle erfahren, ist das Gliche der Type A entgegen den Intentionen der Postbehörde zum Druck verwendet worden. Nach kurzem Gebrauch wurde jedoch diese Platte A ausgeschaltet und sie dürfte nicht mehr verwendet werden.»