Transatlantik-Post von USA nach und im Transit durch österreichisch Italien

Transatlantikbriefe nach und im Transit durch die Lombardei über das Grenzpostamt Mailand sind recht selten. Das Porto mittels der «Prussian Ciosed Mail» zwischen den USA und der Lombardei betrug ab Oktober 1852 30, ab Mai 1855 33 Cents. Bis 1855 konnten mit 30 Cents bezahlte Briefe nach der Lombardei mit dem «Franco»-Stempel im Grenzpostamt Aachen weitergeleitet werden, entweder über die Vereinsländer (über Wien oder die badische Bahnpost) oder über die Schweiz.
Die 3 Kreuzer Transitgebühr wurden erstmals im Postvertrag vom 26. April 1852 zwischen Österreich und der Schweiz festgelegt. Unter den allgemeinen Beilagen Art. 20 3) heisst es:
«b) das schweizerische Transitporto für sämtliche durch die Schweiz stückweise transitierende Correspondenz aus und nach fremden Ländern nach und aus dem Gebiete des deutsch-österreichischen Postvereines und den rückliegenden Staaten wird bei Entfernungen bis zu 10 Meilen einschliesslich auf 3 Kreuzer Conventionsmünze oder rheinisch, oder l Silbergroschen;bei Entfernungen über 10 Meilen auf 6 Kreuzer Conventions-Münze oder rheinisch, oder 2 Silbergroschen für den einfachen Brief festgelegt.» Die Abrechnung erfolgte nach Art. 32 der Konvention:«Zur Berichtigung der an die Postverwaltung der schweizerischen Eidgenossenschaft zu bezahlenden Gebühren und zur Empfangnahme der von diesen an die österreichische K. K. Postanstalt zu entrichtenden Beträge wird die K. K. Oberpostamtscasse in Mailand bestimmt. Diese Zahlungen sind gegenseitig in Conventions-Münze, und zwar in Silbergeld zu zwanzig Kreuzer oder zwanzig soldi das Stück oder in Thalern zu zwei Gulden oder sechs Lire, sämtlich im Zwanzig-Gulden -Fusse zu leisten.»


Abb. l zeigt einen Brief von St. Louis, 4. Juni 1853 mit 30 Cents bezahlt, über Aachen, dort mit den Stempeln «Franco» und «Franco Preuss:/resp. Vereins!: Ausg:Gr:» versehen, letzterer irrtümlich, da wohl angenommen wurde, der Brief gehe über die Vereinsgrenze hinaus; der Stempel wurde auch nachträglich gestrichen und der Brief ohne Taxe zugestellt.

Abb. 2 zeigt einen ähnlichen Brief vom 19. Februar 1857, diesmal über die Schweiz geleitet mit rotem Einzeller VIA DI SVIZZERA und mit 3 Kreuzern Nachporto belastet.

Der Stempel VIA DI SVIZZERA wird erwähnt in den «Regolamento» zum Postvertrag Österreich-Sardinien vom 28. September 1853: «Le corrispondenze non affrancate pervente alle Poste Austriache a traverso H territorio svizzero e dirette nello Stato Sardo öd a Tunis! saranno controdistine dalbollo = via di svizzera =.»
Die durchgehende Korrespondenz nach Sardinien unterlag den Bestimmungen des oben erwähnten Postvertrags von 1853. Alle bisher bekannten Belege wurden im Transit über die Schweiz geleitet. Von Deutschland war der kürzere Reiseweg über die badische Bahnpost, Basel - Chiasso und (zurück im Vereinsland) über Como nach Mailand. Mailand hatte wiederum Paketschlüsse mit u. A. Novara und Voghera. Artikel 17. des 1853-er Vertrages behandelt die sardinisch-deutsche Korrespondenz:
«c) dem schweizerischen Porto von drei (3) Kreuzern für jeden einfachen Brief .... in jenen Fällen, wo der schleunigeren Beförderung halber, die Correspondenzen durch das schweizerische Gebiet geleitet werden.»
Diese Kreuzer (italienisch: carantani) waren 60 im Gulden und 20 in der österreichischen Lire. Die Abrechnung in österreichisch e Lire (Lire austriache) ergab 100 österr. Lire gleich 87 italienische Lire (Art. 35).
Um beide Währungen auszuweisen, wurden gleich zwei Stempel gebraucht:
von Seiten Sardiniens: D.S.I.L. Diritto Sardo - Italiane Lire,
von Seiten Österreichs: D.A.a.L. Diritto Austria austriache Lire.
Alle bisher bekannten Belege nach Sardinien tragen die 0 «D.A.a.L.» sowie VIA DI SVIZZERA in roter Farbe von Mailand.
In seinem dreiteiligen Werk «Storia Postale del Regno di Sardegna» bildet Paolo Vollmeier auf Seite 320 im Vol. I, Fig. 406 einen ähnlichen Brief (wie Abb. 3) mit einer Gesamttaxe von 1,79 + 0,20 = Lire 1,99 ab. Dieser Brief wurde vom selben Autor im DASV-Rundbrief 4/1971 veröffentlicht. Dort allerdings auch ohne Etikett, so dass wir die Portodifferenz auf dem Brief sehen können. In der Tat, Aachen hat diesen Brief nicht mit 45 Kreuzern süddeutsch, sondern richtigerweise mit 38 Kreuzern österreichisch belastet. Diese wurden nun in Mailand nach Hinzufügung der 3 Kreuzer Schweiz. Transitgebühr als 41 Kreuzer österreichisch = Lire 1,79 ausgewiesen, mithin die richtige Vergütung.

Der in Abb. 3 gezeigte Brief geht von New Orleans am 9. November 1856 über New York (mit 30 Cents Prussian Ciosed Mail-Porto belastet), auch in New York mit dem «23» Cents-Stempel (Rückvergütung an USA) versehen. In Aachen mit «45» Kreuzern (süddeutsch) in blauer Tinte belastet, über die badische Bahnpost im Transit durch die Schweiz nach Mailand. Dort wurden zuerst «6», dann richtigerweise «3» Kreuzer für den Schweiz. Transit berechnet. Das Gesamtporto von 48 Kreuzern wurde beim «D.AM.L»-Stempel in brauner Tinte eingetragen. Der Einzeller, zusammen mit dem VIA DI SVIZZERA erscheinen in rot.
In Mailand wurden 48 Kreuzer, in Wirklichkeit süddeutsch, als österreichische Kreuzer in 2 Lire 09 Cent, umgerechnet, welcher Betrag im rosa Etikett «Segnatassa» als «Diritto Estero» (fremdes Porto) eingetragen wurde. Die Umrechnung war nicht richtig, der Unterschied zwischen den süddeutschen und österreichischen Kreuzern war immerhin 30 Cent, zugunsten von Mailand. Nach Hinzurechnung der «Tassa interna» (Inlandsporto) ergibt dies einen Gesamtbetrag von 2,29 Lire.

Literatur- und Quellenverzeichnis:
DASV Rundbrief 4/1971.

George E. Hargest: «New York to Milan», Chronicle, August 1979, Vol. 31. Allan Radin: Prussian Ciosed Mail rates, American Philatelist, February 1983. Paolo Vollmeier: «Regno di Sardegna», Prefilatelia, I und II. Richard F. Winter, Burke, Briefwechsel.